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Wie stellt man sich einen100-Jährigen vor?

Jubilar und Künstler Gerhard Michl:100 J. alt

Zugegeben vielleicht so: Alt, gebrechlich, gebückte Haltung, Falten im Gesicht, vielleicht auch zerstreut oder dement.
Gerhard Michl, Maler aus Schönberg, ist alles andere, als die typische Vorstellung eines 100-jährigen Menschen: 
Er ist geistig top fit und auch körperlich fitter als manch 50-Jähriger. Seinen Haushalt bewältigt er alleine und zu mir gewandt meinte er (abends in der Vernissage):„Heute hatte ich noch nicht einmal Zeit, etwas zu essen.“
Auf meine Frage, ob es ihn nicht nerve, immer auf seine ungewöhnlichen 100 Lebensjahre angesprochen zu werden, antwortete er überlegt und ein bisschen süffisant: „Ich bin ja schon über 100 Jahre alt.“

Alexandra Linzmeier im Gespräch mit Gerhard Michl

Tatsächlich feierte der rührige und agile Künstler, ehemals Finanzbeamter, vor kurzen seinen 100. Geburtstag und anlässlich dazu wurden einige Kunst-Ausstellungen organisiert. So auch im Spital im Markt Hengersberg, der Kunstsammlung Ostbayerns, zu der sehr viele Freunde und Kunstinteressierte gekommen sind. (Auch ich stattete dem Künstler und der Vernissage privat sowie bzgl. WanderKultur.de einen Besuch ab.)
5000 Werke und viele Skizzen hat Michl in seinem Leben bereits gefertigt. Einen Querschnitt bzw. einen Ausschnitt aus seinem aktuellen Werk, dem Buch „Kraft und Wandel in den Schachten“ (Lichtland Verlag), das zusammen mit Kreisheimatpfleger Karl-Heinz Reimeier, der dazu Gedichte verfasste, vor kurzen auf den Markt gekommen ist, bestaunten die Gäste. Im Bayerischen Wald, vor allem in den Schachten, habe er die Fahrtgenehmigung bekommen, schmunzelte Michel und fügte an: „So konnte ich die Schachten aus eigenem Empfinden und zeitlich flexibel für den Betrachter realistisch auf das Papier bringen.“ Die Erinnerungen dazu kommentierte der rührige Maler geduldig, präzise und ein bisschen schelmisch.
Mit dem Gedicht/Gebet von Eduard Mörike brachte Michel sein Leben mit Dankbarkeit auf den Punkt: 
„Herr, schicke, was du willst. Ein Liebes oder Leides. Ich bin vergnügt, dass beides, aus deinen Händen quillt:
Wollest mit Freuden und wollest mit Leiden mich überschütten. Doch in der Mitten – liegt holdes Bescheiden.“